Führung in Teilzeit: Hemmnisse
Der Anteil von Führungspersonen in Teilzeit ist noch relativ gering und zumeist nehmen Frauen dieses Modell in Anspruch. Woran liegt es, dass Führung in Teilzeit noch nicht allumfassend von Männern und Frauen gleichermaßen anerkannt bzw. gewählt wird? Überprüfen Sie gerne Ihre Situation mit Hilfe nachfolgender Gedanken zu kognitiven Hemmnissen rund um Führung in Teilzeit.
Traditionelle Interpretationen der Führungsrolle
Allem voran seien die eigenen Erwartungen und Vorstellungen an eine Rolle als Führungskraft angeführt. Es scheint für viele Führungskräfte selbstverständlich zu sein, viel Zeit und Engagement in und bei der Arbeit zu investieren, um »immer erreichbar« zu sein und auf der »Karriereleiter nach oben« zu kommen. Aus dieser Perspektive betrachtet können naturgemäß rasch Zweifel à la »Teilzeit könnte meiner Karriere und meinem Image schaden« auftauchen.
Angst vor Statusverlust
Die Sorge, dass man auf Widerstand stößt, Einbrüche in der eigenen Karriere erfährt oder von anderen nicht für vollwertig genommen wird, sind genauso relevant, wie Ängste rund um den Macht- und Statusverlust im Unternehmen. Mitunter können der befürchtete Imageverlust im privaten Umfeld oder ein möglicher Autoritätsverlust gegenüber Stellvertretenden die bewusste Entscheidung für Führung in Teilzeit erschweren. Bei geteilter Führung kommt häufig auch die Sorge, des »ausgespielt Werdens« hinzu.
Unternehmenskultur
Bezogen auf die Organisation liegen häufig fehlende Rollenvorbilder, unklare Regeln und eine fehlende Unterstützung von Seiten der obersten Führungsebene oder von direkten Vorgesetzten vor. Zudem werden zu selten weder das Tätigkeitsausmaß an die Arbeitszeit angepasst noch unterstützende Programme angeboten. – Kurzum: Es handelt sich um einen kulturellen Ansatz mit möglicherweise folgendem Glaubenssatz: »Wer durch erhöhte Anwesenheit seinen Einsatz zeigt, ist automatisch erfolgreicher als der, der mit weniger Zeitaufwand gleiche Ergebnisse liefert.«
MODELLE für Führung in Teilzeit
Reduzierte Vollzeit mit voller Führungsverantwortung
Bei diesem Modell wird die Arbeitszeit auf ein gewisses Stundenausmaß reduziert. Die Gestaltung bietet ein vielfältiges Spektrum sowohl im Stundenausmaß als auch in der Aufteilung der Arbeitszeiten auf Wochentage sowie Aufteilung auf Büro- und Homeofficezeiten an. Speziell die vollzeitnahe Führung lässt sich leicht umsetzen, da sich die Arbeitsabläufe und Tätigkeitsfelder der Führungskraft kaum ändern. Das Arbeitspensum wird meist in der reduzierten Arbeitszeit bewältigt, was zu einer höheren Belastung der Führungskraft führen kann. Effiziente Delegation und klare Priorisierung gelten als die größten Herausforderungen in diesem Modell.
Top-Sharing (Shared Leadership, Tandem)
Im Top-Sharing-Modell wird eine Vollzeitstelle auf zwei Personen aufgeteilt, welche gemeinsam die Gesamtverantwortung tragen. Die Höhe der Stundenanzahl ist hierbei variabel. Die Aufteilung der Führungserarbeitet kann zeitlich, mitarbeiter- oder projektbezogen erfolgen.
Zeitlich aufgeteilte Führungspositionen sind sinnvoll, wenn die Aufgabe einen hohen Anwesenheitsgrad der Führungskraft erfordert, also die Position kontinuierlich besetzt sein soll. Durch die Ähnlichkeit zu einer klassischen Halbtagsstelle eignet sich dieses Modell auch gut für den Wiedereinstieg nach der Elternkarenz.
Anders das Top-Sharing als Tandem mit klarer Rollenteilung. Hierbei übernehmen Führungskräfte aufgrund ihrer individuellen Stärken unterschiedliche Aufgabenbereiche: eine Führungskraft könnte die eher strategische Themen, die andere das operative Tagesgeschäft übernehmen.
Top-Sharing erfordert Teamarbeit zwischen den Führungskräften. Sie müssen offen miteinander kommunizieren, sich laufend abstimmen und kooperieren. Gegenseitige Sympathie ist also für das Gelingen nicht nur hilfreich, sondern erforderlich.
Job/Top-Splitting
Beim Job/Top-Splitting teilen sich zwei oder mehrere Führungskräfte eine Vollzeitstelle, bei der die Arbeitsaufgaben bzw. Führungsaufgaben strikt voneinander getrennt sind. Jede Führungskraft hat also die alleinige Verantwortung über das definierte Aufgabengebiet. Regelungen zu An- oder Abwesenheitszeiten, gegenseitige Absprachen und Abstimmungen sowie regelmäßige Treffen sind nicht notwendig, da das Wissen nicht zwingend geteilt werden muss. Es reicht eine kooperative Wechselbeziehung.
Vertretermodell (Kadermodell)
In diesem Fall wird eine abwesende Führungskraft durch eine Person, welche fachliche und organisatorische Tätigkeiten übernimmt, ersetzt. Die Vertretung kann der gleichen Hierarchieebene angehören oder Spezialist sein. So oder so bleibt die Gesamtverantwortung bei der Führungskraft, da die disziplinäre Führungsverantwortung nicht abgegeben wird. Ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis trägt maßgeblich zum Gelingen dieses Modells bei.
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